Zukunftsorientiertes Familienunternehmertum: Vielfalt als Wert erkennen und nutzbar machen.
Vielfalt fördert Innovationsfähigkeit und Mitarbeiter:innenbindung. Soweit, so gut, belegt durch allerlei Studien. Aber Vielfalt kann noch mehr: Vielfalt liefert nicht nur Mehrwert, sondern ist auch ein Wert an sich. Wer Vielfalt als Wert im Unternehmen verankert, hat eine Orientierungshilfe, eine Leitlinie für das zukunftsorientierte Familienunternehmen.
TUN
Familienunternehmer:innen brauchen Mut, Dinge morgen anders zu machen, als sie gestern gemacht wurden und Fingerspitzengefühl, dabei alle mitzunehmen.
Eine unternehmerische Praxis, die sich am Wert Vielfalt orientiert löst sich von dem Leitsatz Wir machen das so, weil wir es immer schon so gemacht haben, und exploriert neue Prozessen und Strukturen, um Zugehörigkeit zu stärken und Intergenerationalität, sowie geschlechtsübergreifende Teilhabe zu fördern. Hierzu bedarf es einer Bereitschaft, auch jene Perspektiven ernst zu nehmen, die weniger soziale und formale Macht innehaben. Anstatt darauf zu hoffen, dass alle sich irgendwie in die bestehenden Strukturen einfügen, gilt es, Strukturen zu schaffen, die diverse Lebensumstände und Persönlichkeiten abbilden. Das kann beispielsweise bedeuten, auf die Bedürfnisse der Tochter ein zu gehen, um somit eine (weibliche) Nachfolge zu ermöglichen, alternative Führungsmodelle zu entwerfen, die für Geschwister funktionieren, oder neue Austauschformate aufzusetzen, die intergenerationellen Dialog und damit den Perspektivwechsel fördern um präventiv auf etwaige Trennlinien zu reagieren.
SEIN
Damit Familienunternehmertum auch zukünftig attraktiv ist, bedarf es einen Wandel von unserer Vorstellung des «Familienunternehmers».
Wer das Wort «Familienunternehmen» hört und selbst wenig Berührungspunkte zu diesem Ökosystem hat, dem schießen wohl zunächst Bilder aus einer alten Zeit in den Kopf. Ein Familienunternehmen, das war lange ein durch Blutsverwandtschaft gekennzeichneter Kreis an Eingeschworenen, angeführt durch einen Patriarchen, dessen klare Vision und unangefochtene hierarchische Überlegenheit, Sicherheit und Stabilität ins Unternehmen getragen hat. In der Realität, und vor allem in der Zukunft, sieht Familienunternehmer SEIN, etwas anders aus. Und dennoch halten sich diese Bilder hartnäckig und limitieren unsere Vorstellungskraft, wer eigentlich für die Nachfolge in Frage kommt. Dabei geht es nicht nur um Geschlechterfragen, sondern auch andere soziale Kategorien, wie z.B. Persönlichkeitstyp oder Alter sowie deren Überschneidungen und unsere gesellschaftlich geprägten Voreingenommenheiten. Wer Vielfalt für sich als Wert erkennt, bricht mit dem herkömmlichen Bild des Familienunternehmers und findet den Mut, neue Wege zu gehen. Die Haltung, die es dafür braucht, lässt eine Pluralität darin zu, wer Familienunternehmer:in sein darf und kann.
ENKELFÄHIGKEIT
Nur wer sich in Empathie übt und aktiv zuhören lernt, wird neue Perspektiven einnehmen können.
Um enkelfähig zu sein, müssen die Bedarfe der jungen Generation ernst genommen werden. Das klingt banal, gestaltet sich in der Praxis aber oft schwierig, Strukturen sind historisch gewachsen und verfestigt, sowohl in unseren Köpfen als auch im Handeln eingeschrieben. Wer das eigene Familienunternehmen enkelfähig machen will, der*die ist gut darin beraten, pro-aktiv den Dialog zu suchen, mit der neuen Generation, aber auch mit denjenigen, die tagtäglich im Unternehmen agieren, wie Mitarbeiter:innen oder Vorstände. Kurz: mit all jenen, deren Perspektive die eigene ergänzen. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie und warum sich wer gestern zugehörig gefühlt hat, wer es derzeit tut und was zukünftigen Generationen wichtig erscheint. Hieraus kann sich eine kontinuierliche reflexive Praxis etablieren, die neugierig und selbstkritisch neue Wege sucht und Inspiration aus dieser Lernreise schöpft. Der Einstieg kann mit einer Check-In Frage gelingen.
Rea Eldem hat es sich zur Mission gemacht, akademisches Wissen im Bereich Kulturwissenschaften und feministischer Theorie zugänglich, erfahrbar und nutzbar zu machen. Mit IN-VISIBLE berät sie Unternehmen in Hinblick auf Gender- und Diversitätsstrategien. Mit Hilfe von agilen Methoden unterstützt sie Teams dabei, sich in neuen Arbeitsweisen und -Haltungen auszuprobieren und Vielfalt als Wert für sich zu erkunden. Neben ihrer Tätigkeit bei IN-VISIBLE, ist sie Diversity-Dozentin am Hasso-Plattner-Institut.
Bildnachweis: Mariam Soliman
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