Achtsam in Gemeinschaft: Ein neues Lebensgefühl?
Auf den gesellschaftlichen Imperativ des »Höher und Weiter« antworten schon seit geraumer Zeit viele auf individueller Ebene mit einer vermeintlich neuen Qualität der Achtsamkeit und des Minimalismus. Dennoch spüren so viele von uns permanent ein Druckgefühl und auch ihr Umfeld ist von Stress umgeben. Ein System, das sich zwingend nach Wachstum ausrichtet, ist krank.
Wie können wir uns davon lösen? Davon erzählt u.a. die Kulturanthropologin Lena Papasabbas in einem Beitrag für das Zukunftsinstitut (FUTUN ist Mitglied des Future Circle), der uns dazu angeregt hat, die Frage nach Resilienz und Resonanz auch aus der Perspektive unternehmerischer Familien in den Blick zu nehmen.
Was heute bei aller Achtsamkeit bleibt: ein selbstoptimierendes Leben, das vom Vergleich und einer nach Außen gerichteten Individualität lebt. Weiter geprägt von einer Weltsicht, die nach Wachstum strebt. Können wir das mit mehr Weitsicht beheben? Mit einer, die sich nicht nur auf uns, sondern auch um uns blickt. Mit einer Veränderung der Systeme als Ganzes, in denen wir leben. Das Leben lebt schließlich nicht von Druck oder Stress, sondern Lebendigkeit, Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und Bewegung, die wir als Individuen, Familien, Unternehmen oder auch Gesellschaft mit Freude erleben.
Welche Rolle dabei die neue Qualität der Achtsamkeit spielt: das sachte Anstoßen einer Weiterentwicklung unserer Lebenskultur. Und Kultur bedarf nicht nur eines einzelnen Menschen, sondern immer einer Gemeinschaft, eines wertebasierten Kollektivs. Kultur braucht Zeit und Raum für zwischenmenschliche Begegnungen, in denen wir Resonanz erleben und so unsere Resilienz stärken können. Zeit für beide Seiten des Doppelpunkts. Sie braucht den Blick nach Innen und die Weiterentwicklung unserer Selbst. Ein wertungsfreies Verständnis und Mitgefühl von einem Gegenüber. Eine Erweiterung unseres Blicks auf die uns umgebenden Systeme: Familie, Unternehmen, Vermögen – wenn diese nicht mehr allein nach ungesundem Wachstum streben, werden sich auch die Individuen darin vielleicht mehr dem Leben selbst hingeben. Vielleicht ist «hoch und weit» statt «höher und weiter» ja schon ein Anfang. Von einem gesamtgesellschaftlichen, universalen Stressgefühl in ein familiäres und individuelles Mitgefühl, das auch außerhalb unserer eigenen Systeme Ausdruck findet.
Mögen wir unsere kleinste soziale Einheit, unsere Familien, im Innen gesund stärken, um im Außen unternehmerisch zu sein. Leben wir gemeinsam den familiären Qualitätsminimalismus – in Resonanz und im Jetzt!
Illustration: Johanna Benz
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