Von der Erforschung unternehmerischer Familien: Farewell für Prof. Dr. Arist von Schlippe.

Nach 20 Jahren als Professor für «Führung und Dynamik von Familienunternehmen» am Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) verabschiedete sich Arist vom Schlippe am 8. Juli 2025 feierlich in den wohl verdienten Ruhestand und beendete somit seine reguläre Lehr- und Forschungstätigkeit am Institut. Marcel Megerle, Gründer und Geschäftsführer von FUTUN, und Leonie Maria Fittko, die seit drei Jahren Teil der Werkraumgemeinschaft ist, haben die Veranstaltung unter dem Motto «WIFU-Stiftung x WIFU: Ein herzliches Farewell für unseren Professor Dr. Arist von Schlippe» besucht und teilen ihre Gedanken über ihn als Doktorvater – eine Rolle, in der sie ihn beide erlebt und schätzen gelernt haben:
Die Familie im Zentrum
Unser Blick auf unternehmerische Familien ist entscheidend geprägt durch Arist von Schlippe und seine Arbeit. Er hat die Familie als Forschungsgegenstand und als zentralen Fokus des Interesses in der Erforschung und Beratung von Familienunternehmen und ihren Eigentümerfamilien mit seiner Neugierde, diese besonderen Familien besser verstehen zu wollen, geprägt. Mit seiner dezidierten Aufmerksamkeit für die Besonderheiten unternehmerischer Familien und den daraus erwachsenen Forschungsergebnissen hat er sie in ihrer Struktur und ihrem Wirken massgeblich gestärkt – aus der Forschung kommend und weit in die Praxis hinein wirkend.
Die verdoppelte Familie
Gemeinsam mit Torsten Groth und Tom A. Rüsen hat Arist von Schlippe das Bild und die Vorstellung «Die beiden Seiten der Unternehmerfamilie» (2017) geprägt: Eine Unternehmerfamilie trägt im Kontext eines Unternehmens oder eines Vermögens organisationshafte Züge, muss sich organisieren, professionalisieren und sachliche Entscheidungen treffen. Gleichzeitig und auf der anderen Seite sind die gleichen Mitglieder einer Eigentümerfamilie Mitglieder einer Familie, in der die emotionalen Bande, verwandtschaftlichen Verhältnisse und Bindungen im Zentrum stehen. Diese Familien können, müssen und dürfen beides sein: Familie und Unternehmerfamilie – ein stetiger Balanceakt. Denn aus den beiden sich überlappenden, widersprüchlichen Kontexten der Familie und der Organisation erwachsen Paradoxien, die sich nicht auflösen lassen. Zur Bewusstwerdung dieser Verstrickungen hat Arist von Schlippe wesentlich beigetragen – und Wege eines aufmerksamen, gelassenen und humorvollen Umgangs mit ihnen aufgezeichnet.
Klinische Psychologie und Unternehmerfamilien
Besonders eindrücklich ist die Brücke, die Arist von Schlippe aus seiner früheren klinisch-psychologischen Arbeit in die Welt der Unternehmerfamilien geschlagen hat. In seiner klinischen Tätigkeit begleitete er Familien, in denen ein Familienmitglied, meist ein Kind, an einer chronischen Krankheit litt – eine Situation, die das gesamte Familienleben um diese Krankheit organisierte. Dieses Bild hat er später auf Familienunternehmen übertragen: Auch das Unternehmen gleicht in seiner Präsenz einer bildlich gesprochen «chronischen Erkrankung» – es fordert permanent Aufmerksamkeit, strukturiert den Alltag und ist in gewisser Weise allgegenwärtig. Mit dieser Analogie hat er einprägsam verdeutlicht, wie stark und unentrinnbar das Unternehmen das familiäre Miteinander prägt. Für uns, Leonie Maria und Marcel, ist dieses Bild zu einem wichtigen gedanklichen Werkzeug geworden, das wir in unserer Beratungspraxis mit unternehmerischen Familien positivierend weitertragen.
Den verschiedenen Generationen dienend
Im Sinne einer «Generationendienlichkeit», wie FUTUN sie als Haltung versteht, die von einem Denken und Handeln in Generationen ausgeht, damit das in der Gegenwart Gestaltete sowohl enkelfähig als auch ahnenwürdig wirkt, kann das Denken, Handeln und Schreiben von Arist von Schlippe im doppelten Sinn als generationendienlich gelten: Seine humorvolle, offene und gelassene Haltung hat die Generationen einander in Forschung und Praxis näher gebracht. Die Arbeiten seiner forschenden Vorgänger und Vorgängerinnen hat er aufgenommen und weiterentwickelt – und die nächste Generation von Forschenden und Beratenden geprägt und inspiriert.
An dieser Stelle möchten wir Arist von Schlippe und dem Wittener Institut für Familienunternehmen noch einmal danken – für die Möglichkeit, über all‘ die Jahre gemeinsam lernen zu dürfen und damit als Promovierte in den Kreis der Akademia mit aufgenommen worden zu sein. Unser auf diesem Weg gewachsenes theoretisches Wissen und den Zugang zur Quelle der Forschung integrieren wir täglich zum Wohle der von uns begleiteten unternehmerischen Familien mit Freude und Tiefgang in die Praxis. Wir sind bestrebt, so durch gelingende Nachfolgen und Familiendynamiken im Sinne der Regenerativität auch etwas an die Forschung zurückzugeben.
Bild: Dr. Marcel Megerle mit Prof. Dr. Arist von Schlippe und Dr. Leonie Maria Fittko [v.l.n.r.].
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